EMV elektrischer Antriebe

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Elektrische Antriebe als Störquelle

Die Störemissionen elektrischer Antriebe haben ihre Quelle in verschiedenen Komponenten des Antriebs. Es ist deshalb zweckmäßig, den Antrieb gedanklich in einzelne Komponenten zu zerlegen und diese dann bezüglich ihrer Störwirkung zu untersuchen. Für die folgenden Ausführungen wird ein Drehstromantrieb zugrunde gelegt.

Antrieb

Dieser besteht aus dem Stellgerät und dem angeschlossenen Motor mit Lage- bzw. Drehzahlgeber. Das Stellgerät verfügt über

  • einen Gleichrichter zur Wandlung der Netzspannung in eine Gleichspannung
  • einen Gleichspannungszwischenkreis mit Pufferkondensator, Bremschopper und externem Bremswiderstand
  • einem Wechselrichter zur Wandlung der Zwischenkreisspannung in ein Drehstromsystem mit variabler Frequenz und Spannungsamplitude sowie
  • der Signalelektronik.

 

Netzrückwirkungen durch den Gleichrichter

Für die Betrachtung der Netzrückwirkungen des Gleichrichters wird der Wechselrichter mit dem angeschlossenen Motor als einfacher ohmscher Verbraucher R modelliert, der den Zwischenkreiskondensator kontinuierlich entlädt. Die beim Betrieb des Motors anfallende Blindleistung wird vernachlässigt. Sie ruft im realen Betrieb zusätzlich eine überlagerte Wechselstromkomponente hervor, die den Kondensator periodisch lädt und entlädt. Die Netzleitung vom Netztrafo bis zum Gleichrichter wird mit einer Impedanz ZL modelliert. Sie besteht im wesentlichen aus einer Reihenschaltung von einem ohmschen Widerstand und einer Induktivität. Der Netztrafo wird als ideale Spannungsquelle angenommen.

ErsatzschaltbildDer Netzstrom wird vom Ladezustand des Zwischenkreiskondensators C bestimmt. Ist der Betrag der größten Leiter-Leiter-Spannung größer als die Zwischenkreisspannung Uzk, fließt über die im Augenblick aktiven Dioden ein Ladestrom ILzk in den Zwischenkreis. (Der Laststrom über den Widerstand R sei vernachlässigt.) Folglich steigt die Zwischenkreisspannung Uzk an. Erreicht sie den Betrag der größten Leiter-Leiter-Spannung, kommt der Stromfluss aus dem Netz zum Erliegen. In der Folge wird der Zwischenkreiskondensator über den Lastwiderstand R entladen und die Zwischenkreisspannung Uzk sinkt wieder. Dieser Vorgang wiederholt sich zyklisch mit der 6-fachen Netzfrequenz.

Das folgende Diagramm verdeutlicht die zeitlichen Abläufe.

Zeitverläufe

Wie zu erkennen ist, weicht der Netzstrom deutlich von der idealen Sinusform ab und nimmt die Form von "Stromnadeln" an. Die Amplitude dieser "Stromnadeln" wird durch die Kapazität C des Zwischenkreiskondensators bestimmt.

Der auftretende Netzstrom ruft an den Impedanzen ZN und ZL einen ebenfalls nicht sinusförmigen Spannungsabfall UZN+UZL hervor. Im Ergebnis liegt an den Eingangsklemmen des Gleichrichters nicht mehr die ideale Netzspannung UL, sondern eine verzerrte Spannung UL' an. UL' ergibt sich wie folgt:

UL' = UL - UZN - UZL
Der idealen sinusförmigen Netzspannung sind netzharmonische Oberschwingungen überlagert. Mehr Infos zur Beschreibung "verzerrter" sinusförmiger Größen finden Sie unter "Zusatzinfo".

Ist parallel zum elektrischen Antrieb ein weiterer Verbraucher angeschlossen, wird auch dieser mit der verzerrten Spannung UL' beaufschlagt.

Verbraucher Das heißt, der elektrische Antrieb generiert auf der Versorgungsspannung des parallel angeschlossenen Verbrauchers ein Gemisch aus netzharmonische Störspannungen. Es handelt sich damit um einen galvanischen Koppelmechanismus, mit dem der Antrieb über die Netzleitung auf andere Verbraucher einwirkt.
Je nach Art des Verbrauchers haben die Störspannungen unterschiedliche Auswirkungen. Zum Beispiel

  • erreichen angeschlossene Asynchronmotoren nicht mehr die volle Leistung und erwärmen sich stärker,
  • werden Kompensationsanlagen zu Schwingungen angeregt,
  • liefern Messgeräte falsche Werte,
  • werden Nulldurchgänge der Leiter-Leiter-Spannung nicht mehr eindeutig erkannt,
  • entstehen erhöhte Verluste in der Zuleitung des Verbrauchers.

 

Gegenmaßnahmen zur Reduktion der vom Gleichrichter verursachten Netzrückwirkungen

  • Durch Anschluss des Verbrauchers direkt an der Spannungsquelle kann der Spannungsabfall UZL an der Leitungsimpedanz ZL vom parallel angeschlossenen Verbraucher ferngehalten werden. Wirksam ist dann "nur noch" der Spannungsabfall UZN an der Netzimpedanz ZN.
    Grundsätzlich sollten Verbraucher "sternförmig" an die Spannungsquelle angeschlossen und lange gemeinsame Versorgungsleitungen insbesondere mit elektrischen Antrieben vermieden werden.
Sternförmige Verdrahtung
Netzdrossel
  • Durch Vorschalten einer Netzdrossel werden die "Stromnadeln" in ihrer Größe bedämpft und zeitlich gestreckt. Als Folge sinkt der Spannungsabfall an der Netzimpedanz UZN und die Belastung des Verbrauchers mit Netzharmonischen wird gemildert.
    Prinzipiell kann die Netzdrossel auch im Zwischenkreis unmittelbar nach dem Gleichrichter angeordnet werden.

Weitere Maßnahmen sind:

  • Verwendung spezieller Netzfilter anstelle der Netzdrossel zur Unterdrückung der Oberschwingungen
  • Verwendung von 12-pulsigen Gleichrichtern
    Damit treten je Halbwelle der Netzspannung 4 "Stromnadeln" auf und es wird eine bessere Annäherung an einen sinusförmigen Stromverlauf erreicht. Allerdings sind dafür spezielle Einspeisetransformatoren erforderlich.
  • Ersatz der Gleichrichter durch selbstgeführte Einspeisungen mit Power Factor Correction (PFC)
    Hier verläuft der Eingangsstrom nahezu sinusförmig.

 

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